Geschichte des Lehrstuhls

 

1956: Gründungsjahr

Die ersten Experimente mit Stoßwellenrohren wurden in den Jahren 1955/56 am Institut für Allgemeine Mechanik der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen durchgeführt. Der damalige Leiter des Instituts, Prof. Fritz Schultz-Grunow, gründete 1956 das Stoßwellenlabor. Für den Aufbau dieses Labors waren jedoch innerhalb der Hochschule keine geeigneten Räume vorhanden. Dr. Helmut Weymann (damals Dozent am Institut, später Professor für Mechanik an der University of Rochester, N.Y.) entdeckte daraufhin den ehemaligen Luftschutzbunker am Aachener Hauptbahnhof als mögliches Stoßwellenlabor. Dieser Tiefbunker wurde nun mühsam und zum größten Teil in Eigenleistung hergerichtet.

1957: Erste Versuchsanlage

Im Winter 1956/57 konnte schließlich das erste kleine Stoßwellenrohr in Betrieb genommen werden. Es bestand im Wesentlichen aus einem handelsüblichen Vierkantrohr von 46 mm innerer Weite und 3 m Länge als Niederdruckteil und einem kreisförmigen Hochdruckteil von 70 mm Durchmesser und 1,5 m Länge. Der reine Materialwert des Rohres lag unter 25,- EUR; alle erforderlichen Anschlüsse und Flansche wurden in der Institutswerkstatt gefertigt. Zur Messung der Stoßgeschwindigkeit dienten Zündkerzen (das durch den Stoß ionisierte Gas ändert den Widerstand zwischen den Elektroden), und zur Aufzeichnung der Signale stand ein Tektronix-Oszillograph zur Verfügung. Mit Wasserstoff als Hochdruckgas (0,5 - 1 MPa) und Argon als Niederdruckgas (103 - 104 Pa) konnten Stoßmachzahlen von ca. 10 erreicht werden. Das von diesen Stoßwellen aufgeheizte Gas erreichte an der Endwand des Rohres Temperaturen von ca. 10.000 K; sein bläulich-weißes Leuchten konnte gut vorgeführt werden, da eine Glasplatte als Rohrendwand diente.

In der Folgezeit erweiterten sich die Messmethoden und die Stoßwellenrohre wurden anspruchsvoller, sowohl hinsichtlich der Sauberkeit der Versuchsbedingungen (Edelstahlrohre) als auch der Druckbelastbarkeit. Das erste größere Stoßwellenrohr, das bereits 1958 in Betrieb genommen wurde, war auf 100 MPa Betriebsdruck ausgelegt. Im Jahre 1968 übernahm Prof. Hans Grönig, der den Aufbau des Stoßwellenlabors maßgeblich beeinflusste, auch formal seine Leitung.

1970: Bezug des heutigen Standortes

Vom Sicherheitsstandpunkt her war der Tiefbunker als Stoßwellenlabor zwar ideal für die Umwelt, wegen der meterdicken Betonwände und der Doppeltüren für die Mitarbeiter jedoch von höchstem Risiko. Deshalb begannen schon 1963/64 erste Überlegungen zum Bau eines neuen Stoßwellenlabors, das größtmögliche Sicherheit sowohl für die Umwelt als auch für die Mitarbeiter gewährleisten sollte. 1970 konnte dieses Gebäude im Aachener Vorort Laurensberg-Seffent am Rande eines Landschaftsschutzgebietes bezogen werden. 1996 übernahm Prof. Herbert Olivier die Leitung des Labors.

2020: Umstrukturierung

Anfang 2020 wurden die Juniorprofessur „Physico-Chemical Fundamentals of Combustion“ und das Stoßwellenlabor zum „Lehrstuhl für Hochdruck-Gasdynamik“ unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Karl Alexander Heufer zusammengeführt. Dadurch wurden die klassischen Forschungsthemen aus dem Gebiet der Gasdynamik erweitert um Untersuchungen zu den Grundlagen der Verbrennungschemie konventioneller sowie alternativer Kraftstoffe.

Heute befinden sich in dem Gebäude größere Stoßwellenrohre (bis 150 MPa Betriebsdruck), etliche konventionelle Edelstahlstoßrohre, ein Stoßrohr zur Untersuchung transsonischer Strömungen im hohen Reynoldszahlbereich, sowie mehrere Anlagen zu Kinetikuntersuchungen [Stoßrohr und zwei Einhubtriebwerke (Rapid Compression Machine)]. Die größte verfügbare Anlage ist mit einer Gesamtlänge von 40 m der Stoßwellenkanal TH2, der zur Untersuchung der Hyperschallströmung z.B. an Raumflugkörpern genutzt wird. Hier sind insbesondere die Strömungsverhältnisse während des Wiedereintritts in die Erdatmosphäre von Interesse. Eine weitere Anlage dient der Untersuchung des Verhaltens metallischer Partikel in einer Überschallströmung, wobei sehr hohe Partikelgeschwindigkeiten erreicht werden. Dies ist für die Entwicklung neuer, verbesserter Beschichtungsverfahren in der Metallindustrie von Bedeutung. Im Aufbau befindet sich eine Detonationsumformanlage, mit der metallische Hohlprofile mit Hilfe einer Detonationswelle umgeformt werden sollen. Gegenüber herkömmlichen Verfahren bietet die gasdynamische Umformung gewisse Vorteile, die hier gezielt untersucht werden sollen.